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Gaius Valerius Diocles (Diocletianus)

Herrschaft II (Die neue Ordnung)

293 verwandelte Diocletian sein bisheriges Doppelkaisertum in eine Tetrarchie (Viererherrschaft) auf Basis von persönlichen Verdiensten um. Die neue Staatsverfassung sah die gemeinsame Herrschaft von zwei Augusti und zwei Caesares vor, die diesen assistierten. Diocletian und Maximian waren die ersten beiden Augusti, zu Caesare wurden der Prätorianerpräfekt Iulius Constantius (von Maximian adoptiert am 1. März 293) und Galerius (von Diocletian adopiert) ernannt. Beide fungierten als Juniorpartner der Augusti; Maximian im Westen und Diocletian im Osten. Jeder der Tetrarchen hatte von nun an seine eigene Hauptstadt, die natürlich prächtig ausgebaut wurde. Constantius hatte schon zuvor Maximians Stieftochter Theodora geheiratet und als Galerius mit Diocletians Tochter Valeria den Bund der Ehe schloss, fand sich der Kaiser am Ziel seiner Reformbestrebungen.

Schon früher waren die Regierungsgeschäfte geteilt worden, doch eine so weitreichende Änderung des Staatsgefüges hatte es bislang nicht gegeben. Diocletian beabsichtigte diese Einrichtung auf Dauer zu implementieren. Die Viererherrschaft sollte dazu beitragen besser mit lokalen Aufständen und Gegenkaisern umgehen zu können. Trotzdem bedeutete die Verteilung der Herrschaft keine Reichsteilung, wie des öfteren behauptet wurde. Lediglich der Schwerpunkt verlagerte sich von Rom weg hin zu den Brennpunkten der Provinzen; die Stadt lag einfach zu weit weg von diesen. Die Gesetze wurden im Namen aller Teilherrscher erlassen und der Kaiser ging davon aus, dass sich die Caesares ihren Augusti unterordnen würden. Immerhin stellten sie die Nachfolger dar, falls die Erstgereihten nicht mehr im Amt sein würden.

Die neue Ordnung wurde durch eine völlige Umkrempelung der römischen Verwaltung begleitet. Damit profilierte sich der Kaiser als grösster Organisator seit Augustus. Die Zahl der Provinzen wurde von 50 auf etwa 100 verdoppelt. Die neuen Statthalter dieser verkleinerten Provinzen hatten von nun an auch nur mehr geringe militärische Kompetenzen (z.B. für lokale Milizen). Auch waren die Gebiete so klein, dass kein Statthalter mehr genügend Rückhalt für eine erste militärische Bedrohung im Inneren erlangen konnte. Neu war auch, dass Italien vollkommen in dieses System einbezogen wurde und dadurch seine jahrhundertelange Sonderstellung einbüsste. Sieht man von der unmittelbaren Umgebung Roms ab, verloren die Einwohner Italiens ihr Privileg der Steuerbefreiung. Zugleich schwand die Bedeutung des Senats und die Senatoren wurden zügig aus der Provinzverwaltung verdrängt. Am Ende von Diocletians Amtszeit wurden lediglich zwei verkleinerte Provinzen von Senatoren verwaltet.

Die Vielzahl der neuen Provinzen machte es nötig sie zur effektiveren Verwaltung gruppenweise zusammenzufassen. Dies wurde durch zwölf grössere Verwaltungseinheiten, den Diözesen, erreicht, die unter der Administration eines vicarius standen, die wiederum einem von vier Prätorianerpräfekten untergeordnet waren. Jedem Tetrarchen war ein Präfekt zur Seite gestellt. Damit hatte sich das Amt des Prätorianerpräfekten endgültig von militärischen zu administrativen Aufgaben gewandelt. Die Verwaltung übernahm nun alle Agenden der Zivil- und Finanzverwaltung sowie die Rechtsprechung. Damit wurde das ungeschriebene Gesetz der Einheit von militärischer und ziviler Gewalt in der Hand der Amtsträger, das seit der Republik galt, aufgehoben.

Deshalb musste die Armee ebenfalls neu organisiert werden. Die Reichsverteidigung lag in der Obhut der einzelnen Tetrarchen, die jenen Abschnitt der Grenze zu verteidigen hatten, dem sie kraft ihres Amtes zugeteilt waren. Diocletian teilte nun das Heer in zwei völlig voneinander getrennte Truppenkörper. Die comitatenses (wortwörtlich: Gefolgsleute) waren vier mobile Einsatztruppen; für jeden Tetrarchen eine. Obwohl sie Fusstruppen enthielten, bildete die Kavallerie das Rückgrad der Einheiten. Darunter befand sich mit den scholae palatinae auch eine völlig neue Art berittener Gardetruppen. Die Prätorianer hingegen wurden auf ihre Garnison in der Hauptstadt begrenzt.

Der andere grosse Truppenkörper waren die später als limitanei oder ripenses (Uferwächter) bekannt gewordenen Grenztruppen des Römerreiches. Sie waren fix an ihre Standorte gebunden und wurden durch jährliche Ergänzung aus den Reihen römischer Bürger immer auf gleicher Mannschaftsstärke gehalten. Dazu kamen noch viele Germanen und Bewohner Innerkleinasiens mit besonderer Kampferfahrung in der Verteidigung, die ein Leben hinter dem römischen Limes vorzogen. Immerhin hatte man damit Anspruch auf ein Stück Land, das man bestellen konnte. Verwaltungs- und Militärreform verschlangen natürlich Unsummen. Allein der Militärapparat umfasste mehr als eine halbe Million Mann.

Genauso mobil wie die comitatenses war der Herrschaftsapparat geworden. Das Regierungszentrum war immer gerade dort, wo sich der Kaiser aufhielt. Natürlich wurden einige Städte zu bevorzugten Reisezielen und dementsprechend ausgebaut. Dieses System kann deshalb als direkter Vorläufer des europäischen Reisekönigtums späterer Jahrhunderte gesehen werden.

Das finanzielle Ende des Römischen Reiches war schon seit langem absehbar. Eine galoppierende Inflation hatte die Preise in die Höhe schnellen lassen und die Geldwirtschaft war in weiten Teilen des Reiches zum Erliegen gekommen. Tauschhandel ersetzte weithin die wertlosen Münzen. Um der Inflation Herr zu werden erliess Diocletian im Jahre 301 mit dem edictum Diocletiani eine Höchstpreisverordnung. In der ganzen Antike hatte es einen derartig umfassenden Versuch Preissteigerungen entgegenzuwirken nicht gegeben; denn nur von einigen griechischen Stadtstaaten sind ähnliche Versuche in kleinem Umfang bekannt geworden. Deshalb ist das Edikt, das in einigen (leider nicht allen) Kapiteln auf uns gekommen ist, eine der wichtigsten Quellen der Erforschung spätantiken Wirtschaftslebens.

Die schönste Preisverordnung konnte Konsum und Produktion der Güter nicht kontrollieren (was einem kommunistischen System entspräche), und so blieben die Massnahmen fast gänzlich ohne Wirkung. Manchmal wurde sogar das Gegenteil erreicht. Nahrungsmittel und andere Waren verschwanden vom Markt und heizten die Inflation noch mehr an. Am Ende seiner Herrschaft schossen die Preise weiterhin in die Höhe.

Schon 294 hatte Diocletian eine umfassende Reform der Währung angeordnet. Leider fehlte es an den dafür benötigten Gold- und Silberreserven. Die Gewinnung der beiden Währungsmetalle war schon seit geraumer Zeit rückläufig. Das Missverhältnis zwischen offizieller vollwertiger Münze und den umlaufenden wertlosen Imitaten konnte so nicht in den Griff bekommen werden.

Da der Staat unbedingt Geld brauchte, musste die Zivilbevölkerung die höchsten Steuern der Kaiserzeit tragen. Die Bürger hatten dabei nicht nur Geld- sondern immer mehr Naturalabgaben zu leisten. So konnte die Versorgung des Heeres besser gesichert werden. Der Kaiser bemühte sich wenigstens die Verteilung der drückenden Lasten so gerecht wie nur möglich vorzunehmen. Seit Septimius Severus hatte die Eintreibung der Steuern immer mehr den Charakter eines Raubzuges erhalten. Die Steuereinnehmer kamen unangemeldet und in unregelmässigen Abständen. So konnte sich niemand darauf vorbereiten und die Bürger begannen gewisse Vermögenswerte auf Vorrat zu verstecken und nutzten sie nicht produktiv.

Diocletian ordnete aus dieser Erkenntnis die Erhebung neu. Jedes Jahr verkündeten die Prätorianerpräfekten, wie viel die Finanz dem Einzelnen abverlangte. Hatte man dann seine Steuern bezahlt, war man vor weiteren „Besuchen“ gefeit. Die Basis der antiken Ökonomie war die Landwirtschaft, und das hatte sich auch in der Spätantike nicht geändert. Allerdings wurde nun erstmals grossflächig der Ertrag und die Bodenqualität bei der Steuerfestsetzung berücksichtigt. Da man damals noch über keine effizienten Registraturen verfügte und die Verwaltung händisch erledigt wurde, bedeutete dies alles eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Bisher hatte der alle paar Jahre stattfindende Zensus lediglich verlangt, sich in seiner Geburtsstadt registrieren zu lassen; unabhängig wo man gerade arbeitete. Nun war der Bürger gezwungen dort seiner Arbeit nachzugehen, wo er registriert war; was sich natürlich von Generation zu Generation fortsetzte. Das betraf nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch die Handwerksbetriebe und sogar die Beamten in der Verwaltung.

All diese Opfer hatten nur einen Zweck: den Unterhalt der grossen Armee. Diese war auch bitter nötig. Innere und Äussere Feinde bedrohten das Römerreich und meist noch zur gleichen Zeit an den gegenüberliegenden Enden des Staates. Augenfällig ist etwa bei den Münzbildern die Konzentration auf die Siege an den Grenzen. Die Konflikte im Inneren wurden totgeschwiegen, denn man konnte den Menschen wohl nur schwer erklären, dass auch auf die Soldaten kein Verlass war.

Die vier Tetrarchen


Quellen: C.Scarre "Die römischen Kaiser", M.Grant "Die römischen Kaiser"

 

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(PL)