Version LX

KULTUR
Medizin


ÄGYPTEN
MESOPOTAMIEN
NAHER OSTEN
GRIECHENLAND I
GRIECHENLAND II
HELLENISMUS
ROM I
ROM II
CHRISTENTUM
BYZANZ

zurück zum
Medizinindex

zurück zur
Übersicht Kultur

zurück zum Index

Medizin im Zweistromland

Die ärztliche Kunst des Zweistromlandes war bis zur Entzifferung der Keilschriften durch negative Äusserungen Herodots behaftet, wonach die Babylonier über keine Ärzte verfügt und die Kranken nur nach primitiven Erfahrungswerten behandelt hätten.

Wahr ist, dass die mesopotamische Heilkunde auf die Volksmedizin mit lokal verfügbaren Kräutern zurückgeht. Doch bereits im frühen 3.Jahrtausend v.Chr. lassen sich Ärzte und ihre Praktiken literarisch nachweisen. Sie öffneten Abszesse, behandelten Knochenbrüche, führten Operationen durch (u.a. Trepanation) und liessen wohl zur Ader. Selbstverständlich bereiteten sie auch Medikamente zu. Die hochentwickelte Organisation in den Stadtstaaten führte das Ärztewesen zu einem Beruf mit Lehrzeit und Ende des 3.Jahrtausends v.Chr. zur allgemeinen Entlohnung. Ein Zentrum medizinischen Wissens lag in der Stadt Isin, wo der Kult der Heilgöttin Gula eingerichtet war.

Im Gegensatz zu Ägypten trennte man bereits die rein magische von der medizinischen Sphäre und teilte sie auf zwei miteinander harmonierende Berufsgruppen auf: den asû (Arzt) und den ašipu bzw. mašmaššu (Beschwörer). Für letztere ist ein umfassendes (3000 Zeilen!) Nachschlagewerk, das sakikku, überliefert. Darin wurden nach Körperteilen geordnet Krankheitssymptome, -ursachen und potenzielle Verläufe aufgezeichnet. Da es sich um ein Beschwörungshandbuch handelt, dominieren Begründungen wie Zauberei und Hand einer Gottheit. Doch nicht alles war für den Beschwörer in das Reich der Magie gerückt. Komplexe Sachverhalte wurden durch Kommentare ergänzt und man kannte bereits Reflextests für Säuglinge.

Die ersten schriftlich fixierten Behandlungsmethoden können in die Zeit um 2100 v.Chr. datiert werden, wohingegen die meisten medizinischen Texte des Zweistromlandes aus dem 1.Jahrtausend v.Chr. stammen. Vielfach haben sich Listen mit Heilpflanzen und Krankheiten erhalten, die eine Vorform von Nachschlagewerken darstellen. Gerne wurden auch Rezepturen und die Vorgaben zur Anwendung dieser aufgezeichnet. Man unterschied hierbei bereits zwischen Salben, Tabletten und Zäpfchen. Auch Klistiere zum Mittel zum Gurgeln waren bekannt.

Aus den überlieferten Symptomen lässt sich meist keine modern exakt beschriebene Krankheit erschliessen. Erwähnt wurden: Kopf, Hände und Füsse, Augen, Nasen und Ohren, Haut und Zähne, Atemwege, Blase, Darm & innere Organe allgemein, geburtsspezifische und sexuelle Problemstellungen. Weiters Lähmungen und Gelenksschmerzen sowie schlussendlich Erkrankungen der Psyche und Epilepsie. Ansteckende Krankheiten waren ein Gemeinschaftsproblem, dem man mit Hygienevorschriften zu begegnen suchte. Auch über Behandlungsfehler wurde bereits geschrieben. Im Codex Hammurabi finden sich neben Honorarrichtlinien auch Strafen für Ärzte. In anderen Texten wurde über dieses Kapitel jedoch geschwiegen.

Sehr ähnlich Assyrern und Babyloniern war auch die Medizin des Hethiterreichs (etwa 1400-1200 v.Chr.) im nahen Kleinasien. Eigene Texte in Keilschrift konnten archäologisch erschlossen werden. Wie aus diplomatischer Korrespondenz hervorgeht, praktizierten am Königshof neben einheimischen Medizinern auch solche aus Babylon und Ägypten. Zudem scheint es Kontakte mit den Mykenern gegeben zu haben. Durch diesen Kulturaustausch kam es zur Übernahme bzw. Anpassung einzelner Heilgottheiten.

Moderne Papyrus- Rekonstruktion eines ägyptischen Reliefs mit chirurgischen Instrumenten
(c) ex libro M.Menghi, "Das antike Griechenland"


Quellen: K-H.Leven "Antike Medizin", M.Meier "Pest", "Der kleine Pauly"

 

Sie wollen Fragen stellen, Anregungen liefern oder sich beschweren?
Dann klicken Sie auf meine Kontaktseite!

(PL)