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Lares

Die Laren (Ez. Lar) bezeichneten ursprünglich unterirdische Geister, die die Lebenden verfolgen konnten. Sehr bald wandelten sie sich zu positiven Schutzgeistern, deren Aufgabe in der Bewachung von Ernte, Häusern, Strassen, Städte oder sonstiger Örtlichkeiten bestand. So folgte der Bezeichnung lares meist ein Attribut: lares permarini (Schutzgeister der Seewege), lares praestites (Schutzgötter Roms), lares compitales (Schutzgeister der Wegkreuzungen), lares viales (Schutzgeister der Strassen) etc. Ergänzt wurden diese durch an Personen gebundene Laren, wie die lares Hostilii (spezielle Besitzer eines Ortes) oder in der Kaiserzeit die lares Augusti. Für das Alltagsleben im alten Rom wichtig war der lar familiaris, dem der Schutz über die Familie anvertraut war. In fast jedem Haus gab es ein lararium (Hausaltar zur Verehrung der Götter), an dem bei wichtigen Ereignissen (z.B. Geburten, Hochzeiten, Todesfälle) Andachten abgehalten wurden. Vor dieser Einrichtung wurden die Laren am Herd verehrt.

Die altlateinische Bezeichnung Lases dürfte wie die Wesen selbst von der Urbevölkerung übernommen worden sein. Jedenfalls lässt sich das Wort aus dem italischen Sprachgut nicht hinreichend erklären.

Die Existenz der Laren ist bezeugt seit dem 5.Jh.v.Chr., doch dürfte das Vorhandensein im religiösen Alltag bis in die Zeit vor der Einwanderung der Italiker reichen. Gegen eine latinische oder römische Schöpfung spricht alleine schon der Umstand der urtümlichen Verehrung der Mater Larum (Larenmutter). Ebenfalls kategorisch auszuschliessen ist eine hellenistische Herkunft. Die seit Augustus auftauchende Gleichsetzung mit heroes mutet äusserst seltsam an und dürfte wahrscheinlich auf die Ratlosigkeit der Übersetzer vom Lateinischen ins Griechische herrühren. Sie nahmen wohl an, gleiche Ortsgebundenheit und gleiche Opfertiere würden eine Gleichsetzung möglich machen.

Zur Zeit des Romulus wurde der Kult der Lares grundules (die grunzenden Laren) eingeführt. Er entstand im Gedenken an die Landung von Aeneas in Latium, wo unter einer Eiche ein riesiges weisses Schwein - ein typisches Opfertier für die Laren - mit 30 weissen Ferkeln gelegen haben soll. Auf dem Forum von Lavinium wurde später sogar eine Bronzestatue der Sau samt ihrem Nachwuchs aufgestellt und Priester konservierten den Körper des Tieres in Salzlake. Die Stadt Alba Longa soll nach ihrer Farbe den Namen tragen.

Der Mater Larum wurden laut den Archiven der Arvalbrüder zwei Arten von Opfern dargebracht. Sie erhielt einerseits mit den Schafen das weibliche Pendant zu den Opfern ihrer Kinder, andererseits ollae mit puls (Töpfe mit Brei). Letztere wurden ihr als Mahl an einem Abhang hinuntergestossen. Auch hier erkennt man das Alter des Kultes. Far (Dinkel) war in Breiform das Hauptnahrungsmittel vor der Erfindung des Brotes. Diese Erkenntnis war bereits in der Antike bekannt und der Schriftsteller Varro nannte den Brei antiquissima (sehr alt).

Von dieser alten Kultstätte im Hain der Arvalbrüder ist in Rom nichts erhalten geblieben, doch kann man sich anhand von ähnlichen Vorgängen in Athen ein Bild davon machen. Dort wurde Göttern im Erechtheion - in der Nordhalle der Akropolis - in ähnlicher Weise Brei geopfert.

Diese Riten werden infolge ihrer Erdgebundenheit tellurisch oder chtonisch genannt (im Gegensatz zu heute waren sie in ihrer Erscheinung durchaus positiv besetzt). Damit können sie auch in Beziehung zu Ceres gesetzt werden. Die Italiker brachten himmelwärts gerichtete Gottheiten, wie Iuppiter mit, wohingegen die Urbevölkerung chtonische Kulte pflegte. Auch die Existenz einer Larenmutter ohne Larenvater zeigt Wurzeln im vorzeitlichen Matriarchat zu haben. Die später - seit Ovid - auftauchende Bemerkung, dass Merkur der Vater der Laren sei, dürfte eine rein poetisch motivierte Erfindung sein, da sich sonst keine Belege dafür finden.

Laren treten vielfach im Dual auf. (Anmerkung: es gibt Sprachen die nicht nur Singular und Plural; Ein- und Mehrzahl, sondern auch den Dual, eine Zweizahl kennen; z.B. im Baltikum; in ältester Zeit auch das Deutsche!). Diese Zweizahl manifestierte sich jedoch erst sehr spät in den Hauslararien der Kaiserzeit. Ursprünglich dachte man sich die Laren in einer unbestimmten Zahl. Vielfach vertreten war so der einzelne Familienlar. Die spätere Zweizahl darf als ein reduzierter Plural gedeutet werden. Die Entwicklung könnte zudem durch die physische Beschaffenheit der Lararien beeinflusst worden sein, in denen Symmetrie vorherrschte (links und rechts je einen Lar). In ihrer Funktion als Schutzgötter möchte man vielleicht auch den Einfluss der Dioskuren Castor und Pollux sehen, die ebenfalls in der Zweizahl auftraten.

(links: marmorner Larenaltar aus einem vicus in Rom, 2 v.Chr.
rechts: Lararium aus Pompeji, genius flankiert von 2 Laren,
die Schlange symbolisiert den eigentlichen lar familiaris; vespasianisch)

Abseits der Abbildungen und Statuetten dominierte nicht die Zweizahl, hier wirkte vielmehr der Plural. In diesem Punkt ähneln sie griechischen Dämonen wie den Kabiren oder den Kureten, die ebenfalls von einer Urbevölkerung übernommen wurden. In ihrer Ortsgebundenheit gibt es - trotz des unterschiedlichen Geschlechts - Ähnlichkeiten mit den Nymphen. Schliesslich gab es Laren an Land, zu Wasser, auf Wegen, deren Kreuzungen und natürlich in den Häusern. Da all diese Erscheinungen als Einzelwesen begriffen wurden, erkennt man ihre grosse Gesamtzahl.

Die Laren stehen als Helfer und Beschützer im Zusammenhang mit Mars, einer ebenfalls sehr alten römischen Gottheit. Ihm zugeordnet verstärken sie dessen positive Aspekte. Hier ergibt sich eine Ähnlichkeit mit den griechischen Dämonen, die ebenfalls speziellen Göttern zugedacht waren. Die Kureten dienten Zeus, die Kabiren Demeter, Silene und Nymphen dem Dionysos. Mit ihnen teilen die Laren auch die Lust an Tanz und Spiel. Die wirkte sich im Endeffekt auch auf die Darstellung der Laren aus, die manchmal hellenistischen Einfluss zeigen.

Laren und Mars besitzen mit dem wachsamen Hund auch ein gemeinsames Attribut, das erstmals 112/111 v.Chr. auf einem Denar erscheint. Neben Mars bestand eine Verbindung mit Diana Trivia, der Dreiwegsgöttin. Überall, wo die Laren an solchen Kreuzungen verehrt wurden, war auch Diana gegenwärtig.

Ihr Fest fand am 1. Mai statt. Leider liess sich ihr Hauptheiligtum in Rom noch nicht lokalisieren. Auf alle Fälle war es nicht mit einem von Augustus restaurierten Tempel an der höchsten Stelle der Via sacra ident, dessen Stiftungstag auf den 27. Juni fiel. Ein Tempel wurde im Jahre 190 v.Chr. durch den Praetor L. Aemilius Regillus während des Antiochoskrieges gelobt und 179 v.Chr. durch den Censor M. Aemilius Lepidus eingeweiht. In den Häusern wurden an Kalenden, Iden und Nonen sowie Festtagen der Herd zu Ehren des lar familiaris und der Penaten geschmückt. Man verabschiedete sich beim Verlassen des Hauses und begrüsste ihn bei der Ankunft. Täglich erhielt er eine Gabe vom Tisch. Kaiser Theodosius verbot 392 n.Chr. Gaben für Genius, Laren und Penaten sowie das Schmücken des Herdes.

Die Laren der Wegkreuzungen hatten den Beinamen compitales (von compita, der Wegkreuzung). Deren Fest Anfang Jänner hiess Compitalia und wurde auf den König Servius Tullius zurückgeführt. Da dieser aus dem Sklavenstand stammte ist eine Verbindung zu den nur wenige Tage zuvor stattfindenden Saturnalien nur als recht und billig anzunehmen. Erwähnenswert ist zudem, dass auch Diana Trivia den Sklaven zugetan war. Der Festreigen wurde ursprünglich nach Beendigung der Feldarbeit im Winter angegangen. Da dies witterungsbedingt verschiedene Tage sein konnten, war Compitalia ursprünglich ein bewegliches Fest, das alljährlich mittels Trompetenfanfaren angekündigt wurde. Später scheint es sich mehr und mehr auf den 4. Jänner fixiert zu haben. In der späteren Republik liess man die Festlichkeiten aus politischen Gründen (vermutlich ständige Streitereien nach den Andachten) nicht mehr abhalten, bis Augustus ihre Abhaltung neu anregte.

Römisches Lararium aus dem Archäologischen Nationalmuseum von Neapel
(c) M.Brüstle

Die Feiern wurden durch Anrainer an kleinen turmförmigen Kapellen an Wegkreuzungen abgehalten. Die Larenkapellen mit ihren Malereien scheinen hierbei ähnlich ausgesehen haben wie die weiss gekalkten Proskyneterien im heutigen Griechenland. Die Anzahl der Kapellenöffnungen entsprach der Anzahl der angrenzenden Grundstücke.

Die zahlreich erhalten gebliebenen Statuetten aus dem gesamten Einflussbereich des Römischen Reiches zeigen die Laren in sehr einheitlichem Gewand. In erhobener Hand halten sie ein rhyton (Trinkhorn) und in der anderen - gesenkten - Hand eine situla (Weinkübel) bzw. paetera (henkellose Opferschale). Bei den Malereien strömt aus dem rhyton in weitem Bogen ein Weinstrahl, der mit dem Gefäss der anderen Hand aufgefangen wird. Der antike Betrachter wird darin den Spendenvorgang bei einer Opferhandlung erkannt haben.

Der tänzelnde Schritt der immer jugendlich dargestellten Figuren - manchmal ist tatsächlich noch eine bulla (Amulett der Kinder) erkennbar - ist ebenfalls typisch für einen Lar. Junge ministri (Ministranten) trugen mit den Statuen bei Prozessionen quasi ihr eigenen göttlichen Vorbilder.

Augustus teilte Rom in 14 Regionen und diese wiederum in zahlreiche Bezirke; in Summe 265. Jedem vicus (Bezirk) standen vier vicomagistri vor, denen wiederum vier ministi dienten. Bei letzteren handelte es sich um Sklaven, bei ersteren in der Regel um Freigelassene. An den Wegkreuzungen der vici standen Larenaltäre, an denen der stadtrömische Larenkult zusammen mit dem des Genius Augusti vollzogen wurde. Aus den zahlreichen Neujahrsgeschenken, die der Kaiser alljährlich erhielt, stiftete Augustus prächtige Bilder für die compita.

Der Genius wurde durch eine Figur mit der Toga über dem Kopf dargestellt, wie sie die Opfernden zu tragen pflegten. Ergänzt wurde die Szenerie durch Füllhorn und paetera. Zu beiden Seiten des Genius erschienen die Laren; nun in der Zweizahl als Lares Augusti. Diese Kultform wurde offiziell 27 v.Chr. durch die Pflanzung von zwei Lorbeerbäumen vor dem Haus des Augustus am Palatin eingeführt. In der Folgezeit konnten die Laren zwischen Lorbeerbäumen erscheinen oder Lorbeerzweige unter dem Arm tragen. Da die Pflanze beim Reinigungsritual eine Rolle spielte, wurden die Laren zu ministri des kaiserlichen Genius in der Mitte. In den Privathaushalten flankierten sie den pater familias (Familienoberhaupt). Somit bildeten Laren und Genius eine Opfertrias, deren Attribute sich gegenseitig aufeinander bezogen. Dieser Dreieinigkeit kann die Darstellung eines einzelnen Lars gegenübergestellt werden. Dieser Lar tanzt nicht, sondern steht ruhig mit Füllhorn und paetera.

Laren werden wie die Penaten in der Regel unter den Hausgöttern zusammengefasst, doch ist der Unterschied wichtig. Penaten können von einem Ort zum anderen verbracht werden, Laren hingegen sind auf einen Ort fixiert, grenzen ihn gegenüber seiner Umgebung ab und schützen ihn.

Stehender Lar mit Doppelfüllhorn, Bronzestatuette aus Weissenburg, 2.Hälfte 2.Jh.n.Chr. Die Figur wurde gut 50 Jahre später vermutlich von einem Legionär vergraben.


Quellen: E.Simon "Die Götter der Römer", H.Gärtner "Kleines Lexikon der grch. & röm. Mythologie", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)