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           | Varius Avitus Bassianus (Elagabal) Herrschaft I
          (Die neue Religion)Um den Senat milde zu stimmen,
          zeigte sich Elagabal verständigungsbereit. Wie erhofft unternahm das
          Gremium im fernen Rom nichts gegenteiliges und schluckte mehr oder
          minder unfreiwillig die Behauptung von der direkten Abstammung von Caracalla.
          Trotz der Feindschaft der Senatoren gegenüber Caracalla
          stimmten sie sogar seiner Vergöttlichung zu. Der neuen Ära wegen wurden Münzen
          mit der Aufschrift divo Antonino magno (dem gottgewordenen
          Antoninus dem Grossen) geprägt, die auf einen Vergleich mit Alexander
          dem Grossen hinausliefen. Auch für die nun ebenfalls vergöttlichte
          Iulia Domna sowie Iulia Maesa und Iulia Soaemias wurden Gedenkmünzen
          ausgegeben. Sie zeigen, wer das künftige Sagen im Reich hatte. Elagabal liess sich Zeit mit der
          Reise in die Hauptstadt. Die ersten Monate wurden in Antiochia
          verbracht und im August segelte man nach Bithynien, wo das
          Winterquartier in Nicomedia aufgeschlagen wurde. Zu den ersten
          Amtshandlungen hier gehörte die Hinrichtung jenes Mannes, der ihn
          quasi „erfunden“ hatte. Der Tod Gannys wurde offiziell damit begründet,
          dass er den Kaiser zu einer kargen und übervorsichtigen Lebensweise
          zwingen hätte wollen. Wahrscheinlich wollte er sich nicht mit einer
          Nebenrolle begnügen und seine eigenen Pläne durchsetzen. Dies alles geschah während
          grosser Unruhen, die durch Elagabals bizarren Lebensstil ausgelöst
          wurden. Seine orientalischen Riten hatten die Gemüter der Einwohner
          bis zum Kochen aufgeheizt. Das anfängliche Vorhaben Gannys
          mit seiner Mutter zu verheiraten und ihn in den Caesarenrang zu
          erheben war somit hinfällig geworden. Von der Hinrichtung
          profitierten vor allem Iulia Soaemis und seine Grossmutter Iulia Maesa. Im Frühling 219 machte sich
          Elagabal mit grossem Gefolge auf den Weg nach Rom. Sieht man von der
          illustren Gesellschaft ab, war das Bestechendste an diesem Zug der
          mitgeführte, dem Sonnengott Elagabal geweihte, schwarze Meteorstein
          aus dem Tempel von Emesa. Der Stein war dem Schriftsteller Herodian
          zufolge rund an der Basis und oben spitz zulaufend. Der neue Kaiser wollte nur in
          Begleitung des Symbols seines Gottes reisen. Bei der Ankunft in Rom im
          Frühherbst 219 wurde der Stein auf dem Palatin aufgestellt und
          alsbald in einen neuerrichteten grossen Tempel namens Elagaballium
          gebracht. Elagabal diente als Hohepriester
          seinem Gott mit tiefster Hingabe. Täglich opferte er in der Dämmerung
          selbst an den Altären zahlreiche Tiere - vor allem Schafe. Zum Klang
          von Zimbeln und Trommeln, die von Syrerinnen gespielt wurden, tanzte
          der Kaiser höchstpersönlich um den Altar. Die oberen Schichten der römischen
          Gesellschaft mussten bei diesen Zeremonien zusehen. Die Diener waren
          keine üblichen Tempelsklaven, sondern es wurden hohe Militärs und
          Beamte dafür herangezogen. Sie hatten sich auch in wallende, bis zu
          den Knöcheln reichende phönizische Gewänder zu kleiden und mussten
          phönizische Leinenschuhe tragen. Zwar hatte sich seit der
          Regierung des Septimius Severus
          der Sonnenkult mehr und mehr im Reich ausgebreitet, doch konnte er
          keiner anderen Religion - und schon gar nicht der klassisch römischen
          - den Rang ablaufen. Auch unterschied sich Elagabals orientalischer
          Kult von jenem des römisch geprägten Sonnenkultes. Die neuen Riten wurden von den Römern
          naturgemäss als anstössig empfunden. Vor allem deshalb, weil
          Elagabal mit den nun alten Göttern in ungewohnter Weise verfuhr. 220
          führte er eine durchgreifende Religionsreform durch. Sie kreierte
          Elagabal zum einzigen und obersten Gott des Imperiums. Sogar Iuppiter
          sollte hintanstehen. Was aber die grösste Empörung hervorrufen sollte, war die Entscheidung, dass der Gott eine Frau erhalten sollte. Die erste Wahl fiel auf Minerva, deren Statue im Vestatempel noch aus Troja stammen sollte und von den Priesterinnen gehütet wurde. Zum Zeichen dieser Vermählung wollte Elagabal, der Kaiser, eine ehemalige Vestalin zu seiner eigenen Frau machen. Dieses Vorhaben stiess auf derartig grossen Widerstand, dass Elagabal aufgab und Urania zur Frau seines Gottes wählte. Sie wurde als Himmelsgöttin Caelestris in Rom verehrt. So näherte sich der Gott Elagabal dem orientalischen Sol Invictus an, ohne jedoch mit dem klassischen Sonnenkult in Rom wirklich zu verschmelzen. Am Stadtrand von Rom wurde ein
          gewaltiger Sonnentempel orientalischer Prägung aus dem Boden
          gestampft. Elagabal hatte so nicht den Fehler Neros
          wiederholt, für seine eigenen Bedürfnisse in Rom selbst Platz zu
          schaffen. Jährlich zur Sommersonnenwende wurde der Stein von seinem
          Tempel in einer Prozession auf den Palatin gebracht. Dazu wurde eine
          Kutsche mit sechs weissen Pferden verwendet. Elagabal ging vor dem
          Gespann rückwärts her, um seinem Gott nicht den Rücken zuwenden zu
          müssen. Die Überlieferungen der
          Zeitgenossen werden durch die Münzprägungen bestätigt. Sie nennen
          Elagabal invictus (unbesiegt), als Oberpriester und
          schliesslich als sacerdos dei solis Elagabali (Priester des
          Sonnengottes). Eine Münze aus Antiochia zeigt den von vier Pferden
          gezogenen Triumphwagen des Sonnengottes mit vier Sonnenschirmen samt
          dem heiligen Stein, den ein römischer Adler krönt. Das erklärte Ziel war
          offensichtlich: die Einführung eines monotheistischen Systems mit dem
          Sonnengott an der Spitze. Die bisherigen Götter wurden zu Dienern
          oder gar Sklaven degradiert. In diesem Sinne wurden zahlreiche alte
          religiöse Symbole in den neuen Sonnentempel überführt. Auch Christen und Juden hatten
          dem neuen Gott zu huldigen, denn alle Religionen waren nun dem
          Sonnengott untergeordnet. Dies führte auch zu der grotesken
          Situation, das Elagabal sich an den Gottesdiensten der diversen
          anderen Religionen beteiligte, weil sie nun Teil der Gesamtreligion
          waren. Sein religiöser Eigensinn führte zur Einführung zahlreicher
          Magier in seiner persönlichen Umgebung. Sie hatten ständig Opfer zu
          vollziehen. | 
 Büste des Elagabal | |
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