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Virtueller Spaziergang im alten Rom
(futurezone.orf.at, 13.11.2008)

Das Internet-Unternehmen Google hat das alte Rom virtuell wieder auferstehen lassen. Seit Mittwoch kann eine dreidimensionale Version der Stadt aus dem 320 nach Christus besucht werden. Mit Hilfe der Software Google Earth ist nach Angaben des Konzerns ein Gang vorbei an über 6.500 Gebäuden aus der Zeit des Römischen Reichs möglich.

Dabei können Besucher sich auch die Oberflächenstrukturen der Gebäude aus der Nähe anschauen und Fakten in von Historikern verfassten Informationstexten nachlesen. In einige Gebäude wie das Forum Romanum oder das Colosseum dürfen virtuelle Besucher sogar hereinspazieren. Link hierzu: earth.google.com/rome/


Rom bekommt Disneyland
(OÖNachrichten, 04.10.2008, Reiselust, p.2)

Achterbahnfahrten im Kolosseumnachbau, Gladiatorenshows als Familienunterhaltung: Auf einem 400 bis 500 ha grossen Gelände soll vor den Toren Roms ein Vergnügungspark entstehen, bei dem sich alles um das Leben vor 2000 Jahren dreht. "Vorbild ist Euro-Disney in Paris", sagte der stellvertretende Bürgermeister der Stadt, Mauro Cutrufo, und stellte in Aussicht, dass das Projekt in drei bis vier Jahren realisiert werden könnte.

Der Park im Stil von Disneyland soll "Romaland" heissen. Besucher werden an simulierten Wagenrennen, wie im Film Ben Hur, teilnehmen, die Kaiserlichen Foren besuchen oder in den neu aufgebauten römischen Volksvierteln der Subura spazieren gehen können. Das Projekt wird von der Gemeinde Rom gefördert, um neue Touristen anzulocken.

Rund 9000 neue Arbeitsplätze, Investitionen von rund 600 Mio Euro sind in Planung. Da heuer die Zahl der Touristen um fünf Prozent zurückgegangen ist, sollen so neue Weltenbummler angelockt werden. "Wir erwarten acht Millionen zusätzliche Touristen im Jahr", sagte Vizebürgermeister Mauro Cotrugo und fügte hinzu: "Der traditionelle Tourismus ist ausgelastet, wir müssen neue Ideen finden, um Urlauber anzuziehen." Mit dem Park will er vor allem Russen und Chinesen ansprechen.

Das Projekt sorgte für heftige Diskussionen. "Der Vergnügungspark ist eine sinnlose Idee, die dazu noch absolut kitschig ist", kritisierte die Opposition, die sich heftig gegen den Plan stemmt. Kritiker bemängelten vor allem, dass der Park dem Charakter Roms widerspreche und den Plänen die Stadt zu erhalten.

"Ich sage nein zu dieser Amerikanisierung", sagte Claudio Mancini, Leiter des Tourismusverbandes der Lazio-Region. Ausserdem gebe es bei der Planung noch grosse Hürden, da "500 ha kein kleines Stück Land" seien.

=> Der Kommentar von imperium-romanum.com zu diesem Projekt deckt sich mit den letzten beiden Absätzen dieses Artikels und der Meinung der Opposition.


Mauer-Wahlkampf
(OÖNachrichten, 27.09.2008, Wochenende p.1)

Einmal mehr blicken wir in die Antike zurück, analysieren Wahlkämpfe in der vom Vesuvausbruch begrabenen Küstenstadt Pompeji. Und stellen gleich fest, dass die Konsuln als auch die Kommunalpolitiker jährlich neu gewählt wurden. Man stelle sich so einen Dauerwahlkampf einmal in Österreich vor...

Plakate, Annoncen, Fernsehdiskussionen oder Internetseiten waren den alten Römern naturgemäss fremd. Ihre Wahlplattform waren vielmehr die Hauswände, auf denen Propagandisten die "tituli picti", also gemalte Inschriften anbrachten, deren italienischen Bezeichnung "Dipinti" heutzutage für diese "Plakatwerbung" der Antike gebräuchlich ist. Aus der kampanischen Stadt Pompeji am Golf von Neapel sind rund 2800 Dipinti bekannt, von denen allein 1500 aus dem Wahlkampf des Jahres 79 n.Chr. um die Ämter der Ädilen und Duumvirn stammen, dem Jahr der Vulkankatastrophe.

Betrachtet man die Wahlaufrufe, liest man aus ihnen generell heraus, dass unsere Politstrategen in vielen Belangen gleichsam in den Schuhen der alten Römer stecken: Man formulierte kurz und bündig, eben plakativ, programmatische Aussagen treten völlig in den Hintergrund. Auch deshalb, weil damals keine Parteien, sondern eben Personen kandidierten. Im Gegensatz zu heute konnte jedermann/frau seine Wahlempfehlung auf den Mauern anbringen. Selbst Wirtinnen oder Kellnerinnen, die oft im Animiergewerbe tätig waren, baten um Stimmen für ihre (männlichen) Favoriten. Dabei waren Frauen, ebenso wie Sklaven, gar nicht wahlberechtigt. Sehr aktiv in der Propaganda waren die Klienten der Wahlwerber und Vertreter von Berufen wie Lupinienhändler, Hühnerwärter, Maultiertreiber, Zimmerleute, Filzmacher, Sackträger, Platzanweiser, aber auch Spättrinker, Schlafmützen oder Würfelspieler.

Werbeagenturen in unserem Sinne gab es damals nicht, sondern Reklamemaler, die mit ihren Gehilfen (Lampenträger; Leiterhalter) Inschriften anbrachten. Und, wie der berühmte Publius Aemilius Celer, gleich Eigenreklame auf den Wänden machten. Zum Konsul der Republik wurde der Rechtsanwalt, Philosoph und Schriftsteller Marcus Tullius Cicero gewählt. Sein Bruder Quintus hatte ihm in einer Art Wahlkampfbroschüre geraten: "Umgib dich mit einer Begleitung, die sich aus Männern eines jeden angesehenen Geschlechts, Standes und Lebensalters zusammensetzt - das macht enormen Eindruck auf die Menge." Womit wir bei den Bierzelt- und anderweitigen Besuchern heutiger Wahlkundgebungen sowie bei den "Personenkomitees" gelandet sind...


Eine Römervilla tief im Boden aufgespürt
(OÖNachrichten, 06.09.2008, p.4)

Wenn es ums Entdecken archäologischer Fundstellen geht, bedienen sich die Forscher immer öfter einer speziellen Methoden: Georadar. So lassen sich im Erdreich verborgene Strukturen erfassen. Jüngster Erfolg: In Oberlienz in Osttirol haben Innsbrucker und Wiener Experten einen ausgedehnten Gutshof, bestehend aus einer Vielzahl von Gebäuden, entdeckt.

Im Bereich des Weilers Lesendorf in Oberlienz war schon seit Längerem eine Römervilla vermutet worden. immer wieder waren auf dem Acker bei Begehungen Keramikobjekte aus römischer Zeit zu Tage getreten. Grund genug für Florian Müller vom Archäologie-Institut der Uni Innsbruck und seinem Wiener Kollegen Wolfgang Neubauer, vergangenes Jahr eine erste Probemessung mit dem Georadar durchzuführen. Sie wurden fündig.

"Beim Georadar wird mittels elektromagnetischer Wellen der Untergrund sondiert, so können im Erdreich verborgene Mauern, Hohlräume und Bodenniveaus exakt nach Grösse und Tieflage erfasst werden", sagt Müller. Gräben und Gruben, Herde und Öfen, Stein- und Ziegelmauern, Pfostengruben und Reste von Schwellbalkenbauten lassen sich mit diesem hochauflösenden Messsystem mit automatischer Positionierung und Datenerfassung auffinden.

Mittels Georadar war vor Kurzem eine Römervilla in Altheim/Weirading rekonstruiert worden. Die beeindruckenden Resultate der Probemessung in Oberlienz liessen eine noch grössere Anlage vermuten. Deshalb wurde jetzt die gesamte Wiese auf einer Fläche von 14.000 m² untersucht. Die Messungen erfolgten im Abstand von jeweils 25 cm. In drei Arbeitstagen legten die Archäologen mit dem Messgerät 60 km zurück.

Die Auswertung der gewonnenen Daten entschädigte für die Mühen. Eindeutig liessen sich die Umrisse einer Reihe von Gebäuden erkennen. "Es handelt sich bei dem ganzen Komplex um eine typische "villa rustica", sagt Müller. So nannten die Römer einen landwirtschaftlichen Betrieb aus einem Hauptgebäude und mehreren Wirtschaftstrakten.

Die Villa in Oberlienz war von einer rechteckigen Mauer eingefasst und konnte durch ein Tor im Süden betreten werden. Im Inneren des ummauerten Bezirks gruppierten sich mehrere Gebäude um einen grossen Hofplatz. Das Hauptgebäude, in dem der Besitzer des Gutshofs mit Familie lebte, war ein rechteckiger Bau mit mehr als 70 m Seitenlänge und einer Vielzahl von Einzelzimmern. Die anderen Bauwerke, vorwiegend im Norden und Osten der Anlage, waren Stallungen, Lagerbauten, Remisen und Werkstätten. Ein Gebäude mit halbrunder Apsis und Fussbodenheizung wurde wohl als privates Badehaus genutzt.

Die Villa lag geschützt am Westrand des sonnseitigen Schleinitz-Schuttkegels vor dem Eingang ins Iseltal. Vermutlich wurde hier für den regionalen Osttiroler Markt produziert. Nach Erfassung aller Messdaten soll ein 3D-Modell der Oberlienzer Römervilla erstellt werden.


Sensationsfund: Venus von Pfongau entdeckt
(orf.at; 30.07.2008)

Bei archäologischen Grabungen in Neumarkt-Pfongau (Flachgau) wurde eine Statue der altrömischen Liebesgöttin Venus gefunden. Die 2.000 Jahre alte Arbeit ist zwölf Zentimeter hoch, es fehlen nur die Füße und eine Hand. Gefunden wurde die Venus von der Archäologiestudentin Andine Komarowksi, die mit dem Abtragen der Erdschichten bei einem Gebäude aus der Römerzeit beschäftigt war.

"Ich habe zuerst die obere Schicht freigelegt. Dann offenbarte sich ein kleines grünes Stück", schildert Komarowski, "Ich habe zuerst vermutet, dass es sich um einen Sandstein handelt, habe dann aber mit dem Pinsel weitergeschaut. Ich habe dann ein Gesicht freigelegt - und aus dem Gesicht wurde ein Körper. Und ich habe gedacht: OK, das ist jetzt schon was anderes. Da lag sie auch schon vor mir und ich habe sie herausgenommen. Wenn man denkt, dass die Statuette 2.000 Jahre in der Erde lag und ich der erste Mensch war, der sie wieder in Händen halten durfte, das war schon faszinierend."

Warum diese Venus-Statue in einem Getreidespeicher des römischen Gutshofs lag, ist nicht geklärt. Diese Statue sei einer der wichtigsten Funde der vergangenen zehn Jahre, sagt Landesarchäologe Raimund Kastler. Die Statuette wird im Museum Fronfeste in Neumarkt ausgestellt.


Antiker "Computer" gab auch Olympiaden an
(orf.at; 30.07.2008)

Im Jahr 1900 wurde ein einzigartiger Apparat vor der griechischen Insel Antikythera aus dem Meer geborgen: eine antike Rechenmaschine, mit der man den astronomischen Kalender sowie Sonnen- und Mondfinsternisse berechnen konnte. Rechtzeitig vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking berichten Forscher nun von einer weiteren Eigenschaft des "griechischen Ur-Computers": Durch ihn konnte man auch den Vier-Jahres-Zyklus der Olympiade ablesen.

Der "Mechanismus von Antikythera" besteht aus mehr als 30 bronzenen Zahnrädern, die ursprünglich vermutlich in einen Holzkasten integriert waren. Zahlreiche Experten haben sich seit der Entdeckung der Apparatur daran versucht, seine Funktion und Herkunft zu entschlüsseln.

Fest steht bisher, dass das Gerät als astronomischer Kalender genutzt wurde, mit dem sich die Position und Bewegung von Himmelskörpern berechnen ließen. Im Jahr 2006 hatten Wissenschaftler dann Ergebnisse von Röntgenanalysen und computertomographischen Untersuchungen der Apparatur veröffentlicht ("Nature": Bd. 444, S. 587).

Sie entzifferten zahlreiche bisher verborgene Inschriften und konnten weitere Funktionen der Zahnräder zumindest teilweise entschlüsseln. Damals schon beiteiligt: Tony Freeth vom Antikythera Mechanism Research Project. Nun machte sich ein Forscherteam um Freeth erneut an eine Interpretation des Zahnradmechanismus und der bisher entzifferten Inschriften.

Der "Mechanismus von Antikythera" besteht aus 82 Fragmenten. Das größte Fragment hat 27 Zahnräder (links das Original, rechts die Röntgenstrahl-Version der Forscher). In der Mitte liegt das Hauptzahnrad mit vier Speichen, das das Sonnenrad darstellt.

Die Wissenschaftler konzentrierten sich vor allem auf die Skalenscheiben an der Rückseite des Geräts. Eine dieser Scheiben ist ein sogenannter metonischer Kalender, der 235 Mondmonate und damit ziemlich genau 19 Jahre umfasst. In diesem Kalender haben 110 Monate eine Länge von 29 Tagen, die restlichen dauern 30 Tage. Einige Jahre in dem 19-Jahres-Zyklus haben 13 Monate, wobei jedes Jahr mit dem ersten Neumond nach der Sonnenwende beginnt. Die Wissenschaftler um Freeth konnten nun die Namen der zwölf Monate identifizieren. Sie stellten fest, dass diese Namen korinthischen Ursprungs sind. Dies lasse vermuten, dass der Mechanismus aus dem antiken Korinth oder einer seiner Kolonien stammt. Bisher hatten Experten vermutet, dass die Apparatur in Rhodos gefertigt wurde.

Ein möglicher Entstehungsort für den antiken Rechner ist das sizilianische Syrakus, das damals eine korinthische Kolonie gewesen ist. Das führt auf eine naheliegende Spur: Archimedes, einer der bedeutendsten Mathematiker der Antike, lebte in Syrakus und starb dort 212 v. Chr. Eine direkte Verbindung des "Mechanismus von Antikythera" mit Archimedes sehen die Forscher nicht - das gehe sich zeitlich nicht aus, denn der Rechner wurde vermutlich 100-150 Jahre v. Chr. gebaut. Sie legen aber nahe, dass einer der geistigen Erben von Archimedes an der Konstruktion beteiligt gewesen ist.

Bei einer weiteren Scheibe auf der Rückseite handelt es sich der Neuuntersuchung zufolge vermutlich nicht wie bisher angenommen um einen 76 Jahre umfassenden kallippischen Zyklus - einen weiteren Kalender -, sondern um eine Darstellung des vierjährigen Olympia-Zyklus.

Die Scheibe wurde pro Jahr um eine Viertelumdrehung gedreht. So ließ sich abbilden, in welchem Jahr und Monat die nächsten Spiele stattfinden. Auch weitere Zyklen der panhellenistischen Spiele konnten mit dem Apparat dargestellt werden, so die Nemeischen, Isthmischen und die Pythischen Spiele.

Schließlich untersuchten die Forscher eine weitere Untereinheit, die den sogenannten Saros-Zyklus abbildet. Es war bereits bekannt, dass sich damit Sonnen- und Mondfinsternisse vorhersagen lassen. Durch die Identifizierung bisher verborgener Buchstaben verfeinerten und erweiterten die Wissenschaftler nun die "Gebrauchsanweisung" für die Saros-Zyklus-Einheit.


Über 2.500 Jahre altes Schiff vor Sizilien geborgen
(science.orf.at, 29.07.2008)

Ein über 2.500 Jahre altes Schiffswrack ist vor der sizilianischen Küste geborgen worden. Das Relikt stammt aus der griechisch-archaischen Epoche und war etwa 500 v. Chr. nahe der Küste in einem Sturm gesunken. Zwei Hobbytaucher hatten das Schiff 1988 in der Nähe von Gela in nur fünf Meter Tiefe entdeckt. Der Schlamm des Meeresgrundes, in dem das Wrack lag, hatte es über die Jahrtausende gut konserviert.

Nun wurde der elf Meter lange Kiel des ursprünglich etwa 21 mal acht Meter langen Schiffes mit einem mächtigen Kran geborgen, berichtete die italienische Zeitung "La Repubblica" am Dienstag. Das Wrack sei eines der ganz wenigen noch existierenden Schiffe, bei deren Bau Seile aus Pflanzenfasern verwendet wurden, um die Holzplanken zusammenzuhalten. Der Kiel soll nun einige Tage in Becken aufbewahrt werden, die eine spezielle chemische Schutzsubstanz enthalten. Dann wird er nach Großbritannien zu einer archäologischen Forschungsstätte in Portsmouth transportiert, wo sich bereits andere Teile des Schiffes befinden, die 2004 geborgen worden waren.


Großbauernhof aus Römerzeit entdeckt
.(orf.at; 14.07.2008)

In Neumarkt-Pfongau (Flachgau) sind Überreste eines landwirtschaftlichen Großbetriebs ans Tageslicht gekommen. Auf 5.000 Quadratmetern finden sich Wirtschaftsgebäude, Ställe und ein großes Lagergebäude. Bei Bauarbeiten für ein neues Gewerbegebiet in Neumarkt sind Arbeiter im Ortsteil Pfongau auf die Reste des römischen Gutshofs gestoßen: Biser haben die Archäologen die Fundamente von vier Wirtschaftsgebäuden, Stallungen sowie einem großen Lagerhaus des Großbetriebs entdeckt.

"Das bereits freigelegte Gebäude hat eine Ausdehnung von 20 mal 40 Metern. Das ist ein Getreidespeicher - in der antiken Zeit hätte man das als 'horrium' bezeichnet", schildert Grabungsleiter Raimund Kastler, "Dort wurde Getreide ähnlich wie auf einem Schüttboden trocken gelagert. Das ist für einen Villenkomplex sehr, sehr groß. Das Interessante sind eben auch Reste von Holzarchitekturen - farbige Spuren im Boden. Diese Holzgebäude sind aber sehr wichtig für uns, weil sie sonst selten erfasst werden."

Römische Bauernhöfe zu entdecken ist an sich nicht ungewöhnlich. Die Größe des Gehöfts in Pfongau hat dann allerdings auch die Fachleute überrascht. "Wir haben zahlreiche Gebäude. Es sind schon Remisen - also Wagenschuppen - freigelegt worden", sagt Kastler, "Wir haben diesen großen Speicherbau für Getreide. Das ist der Kern der Villa. Im Umfeld muss man sich noch das beackerte Land vorstellen - 40 bis 60 Hektar haben zu so einer Einheit gehört. Da wurden verschiedene Getreidesorten angebaut. Aber auch die Viehzucht war ein ganz wesentlicher Faktor." Mindestens 40 Menschen dürften auf dem römischen Gehöft gearbeitet haben. Mit Hilfe von Biologen und Zoologen sollen in Pfongau auch neue Erkenntnisse über die römische Landwirtschaft gewonnen werden.

"Wir können anhand von Knochenfunden sehen, dass die Römer schon einen sehr hohen Stand in der Viehwirtschaft erreicht haben - durch ganz gezielte Zucht", erzählt der Archäologe, "Das römische Rind ist deutlich höher als die keltischen Vorgänger und es ist deutlich höher als das Rind im Mittelalter. Erst ab der beginnenden Neuzeit erreicht man wieder dieselben Tierqualitäten, Tiergrößen. Da steckt natürlich eine ganze Menge Know-How dahinter. Es wird spannend, dem näher auf die Spur zu kommen."

Am Dienstag, dem 15. Juli, gibt es in Neumarkt-Pfongau eigene Sonderführungen der Archäologen - um 10.00, 11.00, 14.00 und um 15.00 Uhr. Im Museum in der Fronfeste Neumarkt können Sie eine passende Sonderschau mit Exponaten der Grabungsstelle sehen oder sich selbst als Archäologe betätigen.


Neue Funde aus der Römer- und Awarenzeit
(burgenland.orf.at; 28.06.2008)

In einem Waldstück bei Sigless sind nun neuerlich Skelette aus der Awarenzeit und Gräber aus der Römerzeit gefunden worden. Erst vor wenigen Wochen waren erste Funde von dort gemeldet worden. Die Funde ziehen allerdings auch das Interesse von Hobbyarchäologen auf sich.

Vier Kinder, eine Frau und ein Mann: Das sind die neuesten Funde, die die Archäologen bei den Grabungen im Kloaschützwald bei Sigless zu Tage gefördert haben. Fest steht mittlerweile, dass es sich bei den awarischen Hügelgräbern um Familiengräber handelt. So wurden beispielsweise zwei Kinder gemeinsam mit ihrer Mutter unter einem Hügel gefunden.

Auffallend ist allerdings,dass bisher keine Männer im kriegsfähigen Alter gefunden wurden. "Es erweckt fast den Eindruck, dass man die Familien der Oberschicht hier angesiedelt hat, um ihnen ein angenehmes Leben in der damals sehr schwierigen Zeit zu ermöglichen", so Archäologin Dorothea Thalaa. In den Grabschächten wurden wurden auch diesmal zahlreiche Grabbeigaben wie Perlenketten, Ohrringe oder Tongefäße gefunden.

Neben den awarischen Gräbern und den römischen Graburnen sind die Archäologen jetzt auch auf römische Brandschüttungsgräber gestoßen. Bei diesem Bestattungsbrauch wird die Asche der Toten auf dem Friedhofsplatz ausgestreut. Die Urnen und Grabbeigaben werden rituell zerbrochen.

Die zahlreichen Fundstücke ziehen allerdings auch das Interesse von Hobbyarchäologen auf sich. "Die Funde gehören der Gemeidne und der Urbarialgemeinde Sigless. Ein Hobbyarchäologe, der in der Nacht hier fündig werden will, ist ein unerwünschter Gast", sagte Thalaa. Die Grabungsstätte werde daher Tag und Nacht bewacht.

Im Vorjahr haben Archäologen in einem Waldstück bei Sigleß awarische Hügelgräber entdeckt. Heuer gehen die Ausgrabungen weiter: Es sind wieder awarische Gräber, aber auch römische Grabstätten gefunden worden.
Auch römische Grabstätten entdeckt.

Im Vorjahr haben Archäologen in einem Waldstück bei Sigleß awarische Hügelgräber entdeckt. Heuer gehen die Ausgrabungen weiter: Es sind wieder awarische Gräber, aber auch römische Grabstätten gefunden worden. Insgesamt fünf Awarengräber wurden im Vorjahr in Sigleß freigelegt. Heuer wurden schon zwei weitere awarische Gräbstätten in dem kleinen Waldstück zwischen Sigleß und Wiesen gefunden: Darin waren das Skelett eines Mannes und das einer Frau.

Anhand der Grabbeigaben bestimmen die Forscher das Alter der neu gefundenen Gräber: Diese deuten laut Archäologin Dorothea Talaa darauf hin, dass dieser Friedhof im ersten Drittel des neunten Jahrhunderts angelegt wurde. Bei dem männlichen Skelett wurden Teile eines Rinderschädels gefunden - ein Zeichen dafür, dass es sich bei dem Toten um einen Stammesführer gehandelt hat.

In den Erdschichten oberhalb der Awarengräber, sind die Forscher außerdem auf römische Urnengräber gestoßen. Diese stammen aus dem ersten Jahrhundert nach Christus und sind damit älter als die Gräber der Awaren. Die awarischen Gräber sind recht gut erhalten, von den römischen Urnengräbern sind teilweise nur Fragmente erhalten, so Dorothea Talaa. Zahlreiche Gefäße sind zerstört worden. Besitzer der Funde sind die Urbarialgemeinde und die Gemeinde Sigleß. Die Kosten für die Grabungen trägt die Gemeinde Sigleß. Heuer sollen insgesamt rund 10.000 Euro investiert werden - 5.000 Euro davon werden vom Land gefördert.


Teile der Kaiserresidenz in Istanbul freigelegt
(science.orf.at; 09.06.2008)

Mehrere Jahrhunderte war der Kaiserpalast in den Tiefen Istanbuls versunken. Elf Jahre archäologischer Ausgrabungen haben das gigantische Bauwerk nun zumindest in Teilen wieder sichtbar gemacht. Seit 1997 hatten rund 20 Archäologen und Dutzende Helfer auf dem 17.000 Quadratmeter großen ehemaligen Militärgelände unweit der Hagia Sophia daran gearbeitet, Teile des antiken Gemäuers freizulegen.

Erster Bauherr war Konstantin I. (274-337), der aus Byzanz - dem später zu seinen Ehren umbenannten Konstantinopel - die Hauptstadt des römischen Reiches machte. Seine Nachfolger erweiterten den Palast zu einem riesigen Komplex, der sich auf sechs Ebenen über zehn Hektar erstreckte - von der Hagia Sophia bis zum Marmarameer. Im 13. Jahrhundert wurde die aus Dutzenden Palastgebäuden, Sälen und Kirchen bestehende Anlage aufgegeben. Sie war baufällig geworden. Ein paar verstreute Mauerreste sowie wenige Mosaike in einem Museum waren die einzigen Überreste des Palastes, die Besucher in den vergangenen Jahren besichtigen konnten.

"Die Höhe des Bodens liegt heute deutlich über dem früheren Niveau. Allein in den vergangenen 70 oder 80 Jahren sind eineinhalb bis zwei Meter dazugekommen. Um zu den byzantinischen Schichten vorzudringen, mussten wir bis zu acht Meter tief graben", schildert der Archäologe Mehmet Ayranci: "Das hat unsere Arbeit erschwert." Zudem behinderten die Fundamente des Justizpalastes, den die Osmanen auf dem Gelände errichtet hatten, die Grabungsarbeiten. Doch die mühsame Freilegung hat sich gelohnt.

Die Archäologen entdeckten das monumentale Tor, das den Großen Palast mit der Außenwelt verband, Gewölbesäle von Konstantins Palast, Bäder, Fresken sowie die Überreste einer Kirche und etwa 60 Skelette. Diese Funde können Besucher bis Ende des Jahres besichtigen. Viele Geheimnisse des Großen Palastes bleiben jedoch verborgen. Eine, die ihnen seit 18 Jahren nachspürt, ist die italienische Historikerin Eugenia Bolognesi. Unter ihrer Führung wurde ein unterirdisches Netz entdeckt, das den kaiserlichen Bukoleon-Hafen am Marmarameer mit der Hagia Sophia verband.


2.000 Jahre alt: Aus Dattelsamen wird kleine Palme
(science.orf.at; 12.06.2008)

Israelische Forscher haben einen rund 2.000 Jahre alten Samen aus einem Herodes-Palast zum Keimen gebracht und binnen 26 Monaten eine etwa 1,20 Meter hohe Dattelpalme herangezogen. Dass "Methusalem", so der vom ältesten biblischen Menschen inspirierte Name, offenbar der älteste keimungsfähige Samen der Welt ist, haben die Forscher bereits vor einigen Jahren verlautbart. Nun gibt es zum Weltrekord auch eine offizielle Publikation. Sarah Sallon und Mitarbeiter haben den Keimungserfolg und das Wachstum der Pflanze im Fachjournal "Science" genauer beschrieben.

Das Forscherteam hatte am 19. Januar 2005, dem jüdischen "Neujahr der Bäume", drei Dattelsamen angepflanzt. Die Datteln waren in den 1960er Jahren auf der von König Herodes ausgebauten Wüstenfestung Masada gefunden und seitdem bei Zimmertemperatur aufbewahrt worden. Nur einer der Samen, genannt "Methusalem", war gekeimt.

Die Projektleiterin Sarah Sallon vom Hadassah-Krankenhaus in Jerusalem berichtete, "Methusalem" sei gesund, obwohl einige Blätter weiße Pünktchen aufwiesen. Nach Untersuchungen der zwei Samen, die nicht aufgingen, sowie der Samenhüllen der gewachsenen Dattelpalme habe man mit der sogenannten Radiokarbonmethode das Alter von rund 2.000 Jahren bestimmen können. Damit habe "Methusalem" den bisherigen Rekord eines 1300 Jahre alten gekeimten Lotussamens gebrochen.

Die judäischen Dattelpalmen, bekannt auch als "Baum des Lebens", hätten damals dichte Wälder entlang des Jordan-Flusses gebildet, hieß es in einer Pressemitteilung. Die Vorfahren der uralten Dattelpalme hätten die jüdischen Zeloten vermutlich damals mit Früchten versorgt. Sie haben nach ersten Untersuchungen etwa die Hälfte ihrer Gene mit heutigen Dattelpalmen gemeinsam.

Man werde allerdings erst im Jahre 2010 wissen, ob "Methusalem" männlichen oder weiblichen Geschlechts ist. Sollte die Pflanze weiblichen Geschlechts sein und damit Früchte tragen, könne man versuchen, die uralte Art weiter zu vermehren. Die Forscherin wollte auch prüfen, ob die alte Dattelpalme Heilkräfte besitzt. In der Antike sei sie häufig gegen Infektionen und Tumore eingesetzt worden.


Älteste Kirche der Welt entdeckt
(orf.at, 09.06.2008)

Archäologen wollen in Jordanien die älteste christliche Kirche der Welt entdeckt haben. Laut Angaben der Forscher wurden in der Höhle in den Jahren 33 bis 70 n. Chr. Gottesdienste gefeiert. In dem Höhlengewölbe, das in der Ortschaft Rihab unter der Kirche St. Georg aus dem 3. Jahrhundert liegt, sollen 70 Anhänger der damals noch jungen Religion im Verborgenen gelebt und heimlich ihren Glauben praktiziert haben. Diese Christen sollen aus Jerusalem geflohen seien.

"Wir haben Hinweise darauf, dass diese Kirche den frühen Christen als Unterschlupf diente", zitierte die Zeitung "Jordan Times" am Montag den Chef der lokalen Antikenbehörde, Abdul Kader Hussan. Heimlicher Unterschlupf für Frühchristen. Die Forscher wollen in der Höhlenkirche die Apsis der Kirche und eine Gruppe von Sitzgelegenheiten, die in den Stein gemeißelt wurden, ausgemacht haben sowie eine Wand, die den sakralen Bereich von der Wohnhöhle trennte. Durch einen Tunnel sollen die Christen zu einer Quelle gelangt seien, aus der sie ihr Wasser bezogen.

Das Dorf Rihab liegt nahe der Stadt Mafrak im Norden von Jordanien. In der Ortschaft waren zuvor bereits mehrere christliche Kirchen aus den ersten 7. Jahrhunderten ausgegraben worden.


Bisher älteste Büste von Julius Cäsar gefunden
(orf.at; 14.05.2008)

Archäologen sind in einem Flussbett in Südfrankreich auf die bisher älteste Büste von Julius Cäsar gestossen. "Selbst in Rom hat man nie ein Abbild von Cäsar aus seinen Lebzeiten gefunden", sagte der französische Wissenschaftler Luc Long, der die Grabungen an der Rhone in Arles leitet, der Nachrichtenagentur AFP.

Bisher seien 20 bis 25 Abbilder des römischen Feldherren bekannt gewesen, aber sie seien alle nach Cäsars Tod entstanden. Der neue Fund stamme vermutlich aus den Jahren 49 bis 46 vor Christus, als Cäsar etwa fünfzig Jahre alt war und gerade die römische Siedlung Arles gegründet hatte.

Long bezeichnete das Cäsar-Abbild als "Teil des Weltkulturerbes". Er nehme an, "dass die Büste in den Fluss geworfen wurde, nachdem Cäsar ermordet worden war. Es wäre damals nicht gut gewesen, als ein Anhänger von ihm zu gelten."

Neben der Marmorbüste des Feldherren fanden die Forscher etwa hundert weitere Gegenstände im Flussbett der Rhone, unter anderem eine Statue des Gottes Neptun aus dem dritten Jahrhundert. Die Büste von Cäsar sei bis auf die abgebrochene Nase gut erhalten, sagte Long. "Ich habe ihn sofort erkannt."


Die Finnen, die Römer!
Bestsellerautor Wilfried Stroh über Sinn und Sinnlichkeit des Lateins - und wer es am besten spricht.
Ein Interview von Nicolas Wolz (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.03.2008)

NW: Wie geht es Ihnen heute, Herr Stroh, oder besser gesagt: Quid hodie agis, Professor Vahlafride?
WS: Suaviter, ut nunc es, wie Horaz sagen würde. Danke, ganz ordentlich.
NW: Kein Grund zur Bescheidenheit. Ihr Buch "Latein ist tot - es lebe Latein" ist ein Bestseller und hat innerhalb kurzer Zeit schon acht Auflagen erlebt. Ist Latein wieder in Mode gekommen?
WS: Das kann man so sagen. Wir haben bei den Lateinschülern seit einigen Jahren eine konstante Zuwachsrate von fünf Prozent, heute lernt fast jeder dritte Gymnasiast Latein.
NW: Die Deutschen, ein Volk von "Latin Lovers"?
WS: In der Tat, ja. Es ist wirklich erstaunlich, wie stark das Phänomen in Deutschland ist. Kein anderes Land in Europa erlebt derzeit einen solchen Lateinboom. Wenn das so weitergeht, haben in dreissig Jahren alle Latein in der Schule. Dabei gibt es jetzt schon nicht genügend Lehrer.
NW: Wie erklären Sie diesen Aufwärtstrend?
WS: Ich glaube, dass heute wieder ein allgemeines Interesse an der Antike vorhanden ist. Viele finden das ungemein faszinierend. Das andere ist, dass Latein viel von der Schrecklichkeit verloren hat, die es früher hatte. Es war ja lange vor allem ein Mittel der geistigen Disziplinierung und der sozialen Selektion. Das hat aufgehört. Das Lateinische betrachten sich heute nicht mehr als eine Übung für eine geistige Elite, sondern als Fach für alle.
NW: Warum sollte man heutzutage denn überhaupt noch Latein lernen?
WS: Vor allem aus zwei Gründen: Zum einen führt Latein uns in die Geschichte. Es ermöglicht uns, die Kultur der Antike zu verstehen. Zum anderen soll Latein unseren Verstand durch grammatisches Training schulen. Wichtig auch: Das Lateinische ist Bestandteil der europäischen Tradition. Bis in die Mitte des 18.Jh. war es die Weltsprache schlechthin, jeder, der in einer anderen Sprache geschrieben hat, galt als provinziell.
NW: Wäre es nicht trotzdem sinnvoller, seine Zeit in das Erlernen einer modernen Fremdsprache zu investieren?
WS: Das ist ja keine Alternative. Englisch und Französisch gehören zur Grundausstattung jedes gebildeten Menschen. Dazu sollte aber unbedingt Latein treten. Wenn man sich mit Englisch horizontal, also über alle Ländergrenzen hinweg, verständigt, tut man das mit Latein vertikal, über die Zeiten hinweg. Englisch und Latein stehen sozusagen im rechten Winkel aufeinander.
NW: Was fasziniert Sie selbst am meisten an Latein?
WS: Ich liebe die ungeheure Ausdruckskraft dieser Sprache. Man kann im Lateinischen die Dinge ungewöhnlich kanpp und prägnant formulieren. Auf der anderen Seite bietet es aber auch eine unglaubliche Wortfülle, man hat einen riesigen Gestaltungsspielraum.
NW: Was würden Sie denen raten, die sich schwer tun mit Latein? Verweisen Sie auf Vergil, der gesagt hat: Labor omnia vincit - Unablässiges Mühen bezwingt alles?
WS: (Er lacht) Labor ist nie schlecht. Aber er darf natürlich nicht das Einzige sein. Man muss versuchen, an der Sache Freude zu haben. Für viele ist es motivierend, Sachen wie den lateinischen Asterix zu lesen oder eine Lateinzeitschrift wie die "Vox Latina", in der aktuelle Themen auf Lateinisch abgehandelt werden. Vor allen Dingen braucht man aber einen guten Lehrer, der sensibel ist für die ästhetischen Reize der lateinischen Sprache. Es ist unheimlich wichtig, die Verse zu verstehen, sie richtig zu lesen, die sinnliche Seite des Lateinischen aufzuschliessen. Das kann der Schüler selber schwer machen.
NW: Sie selbst sprechen fliessend Lateinisch, sogar ihr Anrufbeantworter macht lateinische Ansagen. Gibt es denn viele, mit denen Sie sich unterhalten können?
WS: Es hält sich in Grenzen. In erster Linie spreche ich mit meinen Studenten Latein, einmal in der Woche, seit 25 Jahren.
NW: Hätte man Sie eigentlich auch im alten Rom verstanden?
WS: Da habe ich keinen Zweifel. Wir kennen die Aussprache so genau, dass man wahrscheinlich nur durch Mängel der Satzintonation auffallen würde. Wenn Cicero heute zu uns ins Lateinische Seminar käme, könnten wir uns problemlos mit ihm verständigen. Wenn aber aus derselben Zeit Hermann der Cherusker käme, ein deutscher Nationalheld, würden wir von seinem Germanisch kein Wort verstehen. Zum Glück konnte er Latein.
NW: Sie haben gerade "Tsitsero" gesagt. Ist das die richtige Aussprache?
WS: Nein, nur die in Deutschland übliche. Korrekt ist Kikero, wobei das i ganz kurz zu sprechen ist und das k ohne ein gehauchtes h wie im Deutschen. Ganz wichtig auch: Das r rollen!
NW: Wie kriegt man komplizierte Konstruktionen wie Ablativus absolutus oder AcI in freier Rede hin?
WS: Ach, das ist reine Übungssache. "Pattern Drill" nennt man das. Es gibt Lehrbücher, da üben Sie seitenweise den AcI, hundert am Stück. Da kann man einfach den Verstand ausschalten. Der grösste Fehler, den man beim Lateinlernen machen kann, ist, zu viel zu denken. Im Unterricht wird meist zu viel Wert auf Verstandesschulung gelegt und viel zu wenig die Sprache gelernt.
NW: Also mehr Latein sprechen, auch in der Schule?
WS: Na klar. Wir müssen endlich begreifen: Latein ist eine ganz normale Fremdsprache. Es ist nur insofern "tot", als es sich nicht mehr weiterentwickelt. In Wahrheit ist Latein nicht tot, sondern unsterblich. Zumal es in vielen modernen Sprachen fortlebt.
NW: Auch im Deutschen?
WS: Es ist kaum zu glauben, wie viel bei uns aus dem Lateinischen kommt; es gibt massenhaft Beispiele wie Keller (cella), Mauer (murus), Fenster (fenestra), Pech (pix), Pfand (pactum) oder Becher (bacarium).
NW: Aber wenn heute ein Politiker auf die Idee käme, wie weiland Franz Josef Strauss lateinische und griechische Zitate in seine Reden einzubauen, würde uns das eher irritieren, oder?
WS: Na ja, der bayerische Bundestagsabgeordnete Ludwig Stiegler von der SPD zum Beispiel hat immer einen lateinischen Spruch parat. Das hat schon zu köstlichen Missverständnissen geführt. Einmal hat er über die CSU gesagt: Quamquam sunt sub aqua, sub aqua maledicere temptant. Das ist von Ovid und heisst so viel wie: Obwohl sie unter Wasser sind, reissen sie immer noch das Maul auf. In der Zeitung stand dann, Stiegler habe verlangt, dass man die von der CSU alle ersäufen müsse.
NW: Was ist ihr lateinisches Lieblingszitat?
WS: Amor docet musicam. Die Liebe lehrt die Musik. Das ist der Wahlspruch unseres Lateinvereins und stammt eigentlich vom griechischen Dichter Euripides.
NW: Latein und Musik?
WS: Latein ist eine unglaublich musikalische Sprache. Lange und kurze Silben verhalten sich zueinander wie 2:1. Das ist sehr rhythmisch. Mit Hilfe von Musik kann man deshalb wunderbar lateinische Versmasse einüben. (Er singt einen lateinischen Daktylus) Für uns Deutsche ist das schwer. Finnen dagegen können das sehr gut, auch die Ungarn.
NW: Wer hat denn Ihrer Ansicht nach das Schönste Latein geschrieben?
WS: Von den Prosaikern auf jeden Fall Cicero. Und natürlich Seneca. Und in der Neuzeit Erasmus von Rotterdam.
NW: Und was ist mit Caesar?
WS: Der war zwar ein wunderbarer Stilist, hat aber eher schlicht und anspruchslos geschrieben. Wenn er so geredet hätte, wie er im "Bellum Gallicum" geschrieben hat, wäre er wohl niemals ein bedeutender Staatsmann geworden.
Anmerkung von imperium-romanum.com zur letzten Aussage: Vielleicht war es ja gerade das Schlichte, was die damaligen Menschen auf der Strasse für ihn eingenommen hat; nach dem Motto "Der redet wie wir."


Ältestes Zeugnis jüdischen Lebens in Österreichs entdeckt
(online-Zeitung der Universität Wien, 11.03.2008)

Archäologen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte entdeckten im Gräberfeld in Halbturn (Burgenland) in einem römischen Kindergrab aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. ein Amulett, das mit einer jüdischen Gebetsformel beschriftet ist. Es handle sich um das älteste Zeugnis jüdischen Lebens auf heute österreichischem Boden, sagten die Wissenschafter bei der Präsentation des 2,2 Zentimeter langen Goldblechs.

"Die Auswertung eines Gräberfeldes dauert in etwa so lange wie die Ausgrabung", meint der damalige Projektleiter der Ausgrabungen in Halbturn im Seewinkel, Univ.-Doz. Dr. Falko Daim. Das erklärt, warum die Besonderheit des im Jahr 2000 gefundenen Amuletts erst 2006 entdeckt wurde: Zum wiederholten Male hatte die Archäologin Dr. Nives Doneus das Amulett – eines von 10.000 Fundstücken – untersucht, als sie bemerkte, dass die silberne Amulettkapsel ein auf Griechisch beschriftetes dünnes Goldblechstück enthielt, das ein Mal gefaltet und eingerollt war.

Während bei der Ausgrabung vor allem naturwissenschaftliche Disziplinen zum Einsatz kamen – etwa Archäozoologie, Archäobotanik, Luftbildaufnahmen, Geophysik, Anthropologie –, war bei der Auswertung des Amuletts die Zusammenarbeit mit geisteswissenschaftlichen Fächern gefragt. Der Altertumswissenschafter Ao. Univ.-Prof. Dr. Hans Taeuber übersetzte die in Griechisch eingeritzte Schrift, der Judaist Univ.-Prof. Mag. Dr. Armin Lange lieferte die Interpretation: Die Inschrift stellt eine griechische Umschrift einer jüdischen Gebetsformel aus dem Alten Testament (5. Buch Mose 6,4) dar und lautet übersetzt: "Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr ist einer". Das "Höre Israel" ist noch heute zentrales Bekenntnis des Judentums.

Das Amulett gilt damit als ein Hinweis, dass bereits in der römischen Kaiserzeit Menschen jüdischen Glaubens in unserem Raum lebten. Als bisher früheste Zeugnisse jüdischer Präsenz innerhalb der heutigen Grenzen Österreichs galten mittelalterliche Briefe aus dem 9. Jahrhundert n. Chr., berichtete Hans Taeuber vom Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde, Papyrologie und Epigraphik. In jenen Teilen der Provinz Pannonien, welche heute zu Ungarn, Kroatien und Serbien gehören, zeugen Grabsteine und Kleinfunde davon, dass Juden schon im Altertum hier ansässig waren.

Spätestens seit dem 3. Jahrhundert vor Chr. siedelten Juden laut Armin Lange vom Institut für Judaistik in allen Teilen der antiken Welt – es entwickelte sich die sog. Diaspora. Insbesondere nach dem sogenannten zweiten jüdischen Krieg gegen das Römische Reich verkaufte das siegreiche Rom Juden in großer Zahl als Sklaven in alle Teile des Weltreichs. So oder durch freiwillige Migration sind Juden auch in das heutige Österreich gekommen.

Das ein bis zwei Jahre alte Kind, das die silberne Amulettkapsel um den Hals getragen haben dürfte, wurde in einem von rund 300 Gräbern eines römischen Friedhofs bestattet, der aus dem 2. bis 5. Jahrhundert n. Chr. stammt und an einen römischen Gutshof ("villa rustica") angeschlossen war. Dieser Guthof war ein landwirtschaftlicher Betrieb, der römische Städte der Umgebung (Carnuntum, Györ, Sopron) mit Nahrungsmitteln belieferte. Die 1986 entdeckte Grabstätte im Seewinkel, rund 20 Kilometer von Carnuntum entfernt, wurde zwischen 1988 und 2002, finanziell unterstützt vom FWF, von einem Team um Falko Daim, derzeit Generaldirektor des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz, vollständig ausgegraben. Insgesamt wurden mehr als 10.000 Einzelfunde ausgewertet, darunter vor allem Glasstücke, Keramikscherben und Metallfunde.

Für die Forscher sehr überraschend war die "überdurchschnittliche" Größe des Kindergrabes, berichtete die Amulett-Finderin Nives Doneus vom Institut für Ur- und Frühgeschichte. Im "Kindergrab 147" entdeckten die Forscher neben anderen Funden wie etwa einer abgenutzten Münze sowie Glas- und Tongefäßen die Amulettkapsel. In dem Anhänger befand sich, wie erst 2006 entdeckt wurde, der 2,2 Zentimeter lange, eingerollte und auf Griechisch beschriftete Goldblechstreifen. Judaist Lange nennt das Halbturner Amulett eine "jüdische Schriftrolle im Kleinformat".

Der Anhänger gibt Einblick in ein Stück antiken Lebensalltag. Die Menschen der Antike – Juden wie Nichtjuden – führten Krankheiten auf den Befall durch Dämonen zurück. Um sich vor Dämonen zu schützen, wurden Schutzamulette getragen, die Unheil abwehren sollten, erklärte Armin Lange. Ähnliche Objekte seien im gesamten Raum des Römischen Reiches zu finden und auch aus Carnuntum bekannt. Das Besondere am Halbturner Amulett sei, so Lange, dass nicht Zaubersprüche und magische Formeln, sondern der Glaube an den einen Gott Israels Dämonen in Bann halten sollte.

Lange geht davon aus, dass das Amulett von einem Juden für einen Juden hergestellt wurde. Andere griechische Amulette aus dem nahen Carnuntum machen wahrscheinlich, dass dieser jüdische Magier in Carnuntum gelebt haben dürfte. Ob aber das bestattete Kind aus einer jüdischen Familie stamme, lassen die Forscher offen. Denn Amulette wurden oft weiterverkauft und auch von anderen Religionsgruppen verwendet. "Man hat aus jeder Religion bzw. magischen Vorstellung das genommen, was einem nützlich erschien", erklärt der Altertumswissenschafter Hans Taeuber. Zudem war Religion zur damaligen Zeit Privatsache, verschiedene Glaubensrichtungen waren nebeneinander vertreten.

Seit Anfang Jänner gehört das Amulett zu den Beständen des Burgenländischen Landesmuseums, das Partner bei den Projektarbeiten war. Das Amulett wird im Rahmen der Ausstellung "Die Bernsteinstraße – Evolution einer Handelsroute" im Landesmuseum in Eisenstadt ab 11. April 2008 zu besichtigen sein, berichtete Museums-Chef Josef Tiefenbach. Die Dissertation der Forscherin Nives Doneus ("Halbturn – ein römerzeitliches Gräberfeld aus dem Burgenland. Struktur und Grabrituale eines ländlichen Gräberfeldes im Hinterland von Carnuntum zwischen dem 2. und 5. Jh.", Universität Wien 2007) über die Ausgrabungen und Auswertungen der Fundstücke des Gräberfeldes in Halbturn soll noch heuer erscheinen.

Ausstellung "Die Bernsteinstraße - Evolution einer Handelsroute"
Landesmuseum Burgenland, 11. April bis 11. November 2008


Hinweise auf Schädeloperation vor 1.800 Jahren
(science.orf.at, 12.03.2008)

Archäologen haben in Griechenland an einem Skelett Hinweise auf eine vor 1.800 Jahren durchgeführte Schädeloperation gefunden. Die Knochen stammen vermutlich von einer bis zu 25 Jahre alten Frau. Sie hatte einen heftigen Schlag auf den Kopf bekommen, und die Operation sei vermutlich ein Versuch gewesen, ihr Leben zu retten, wie Ausgrabungsleiter Ionannis Graikos erklärte. Allerdings sei die Frau dabei oder wenig später gestorben.

Der chirurgische Eingriff sei kompliziert gewesen, nur ein besonders ausgebildeter Arzt habe ihn durchführen können. Die Patientin habe die Operation aber vermutlich nicht überlebt, "denn die Wunde war sehr groß, und es gibt keine Zeichen eines Heilungsprozesses an den Rändern", sagte Graikos.

Das Skelett wurde während einer Grabung im vergangenen Jahr in Veria gefunden, rund 75 Kilometer westlich von Saloniki. In antiken Schriften finden sich zahlreiche Verweise auf komplizierte Operationen, Funde von chirurgisch bearbeiteten Schädeln in Griechenland sind jedoch ungewöhnlich.


Campionatus Europaeus MMVIII -Austriaci Hundskicker sunt
Wundern sie sich nicht, wenn ihnen Fussball-T-Shirts mit lateinischem Aufdruck spanisch vorkommen.
(Kurier 02.2008)

Ganz egal, wie sich die österreichische Nationalmannschaft bei der Fussball-EM im Juni präsentieren wird - die Zuschauer müssen auch nach dem Ausscheiden nicht mit ihrem Latein am Ende sein. Die ausgefuchste Fanartikel-Industrie macht's möglich, dass man mit ein und demselben T-Shirt sowohl Österreicher als auch Rumänen, Spanier oder Griechen unterstützen kann. Kurz: Dass man seine Begeisterung für Fussball neutral ausdrückt.

Portaaa! Der Wiener Latein-Professor Wolfram Kautzky, der für den Kurier jeden Mittwoch seine launigen "Nuntii Latini" schreibt, schenkte der Fussballwelt T-Shirts mit lateinischem Aufdruck. Zur Auswahl stehen Fautor Fanaticus (Fan), Lusor Caninus (Hundskicker), Portaaa! (Tooor!), Lusor Liber (Libero), Dexter Extra (Rechtsaussen), Campionatus Europaeus MMVIII (Europameisterschaft 2008), Sponsa Pedifollica (Kickerbraut) und Fautrix Fanatica (Fan Girl). Das Stück kostet 26 Euro, die Bestellung läuft übers Internet. "Eigentlich ist's eine Spielerei", sagt Kautzky, "aber wir sprechen viele Menschen an: neben den Fussballfans sicher auch die Lateinfreunde, aber auch Fashion Victims. Und eine originelle Geschenkidee ist's allemal." Freilich kommen die roten Leiberln auch nach dem Ende der EURO nicht aus der Mode. Jeder Gymnasiast, der bei seinem Lehrer Eindruck schinden möchte, kann damit punkten. Kautzky warnt allerdings: "Bessere Noten gibt's bei mir deshalb nicht."

Die Internetadressen: www.t-unik.at und www.merchzilla.com 

Tabula duplex
(grch. Diptychon),
Römische Wachstafel für Notizen samt Schreibgriffel

 


 

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(PL)