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Ballspiele in der Antike

Die Ursprünge der Ballspiele

Die ältesten Darstellungen eines Ballspieles finden sich um das Jahr 1900 v.Chr. in Ägypten, wo einerseits mehrere junge Frauen mit sich selbst "Ball spielen", andererseits zwei Gruppen zu drei Mädchen in einem Mannschaftsspiel stehen. Literarisch sollte die Erwähnung von Ballspielen noch bis zu Homers Odyssee dauern. Regeln oder Namen lassen sich für diese Frühzeit nicht ausmachen.

Die griechischen und römischen Gelehrten waren sich über die Ursprünge des Ballspiels uneinig. Manche vertraten die Ansicht, wonach der Ball erst im 3.Jh.v.Chr. als eine Erfindung des Agallis von Korkyra aufgetaucht sei. Dikaiarchos von Messene meinte, er hätte die Ursprünge in Sikyon und Hippasus glaubte im 2.Jh.v.Chr. die Herkunft in Sparta gefunden zu haben. Profundere Wissenschaftler wie Herodot oder Plinius d.Ä. führten ihn hingegen auf die Lyder zurück.

Ballspiele erfreuten sich während der gesamten Antike in allen Gesellschaftsschichten grosser Beliebtheit. Wie heute beim Fussball, gab es auch in der Antike überzeugte Ballspielanhänger. Bekannte Namen sind Alexander d.Gr., Caesar, Cato Uticensis, Maecenas, Marcus Antonius, Mucius Scaevola, Sophokles sowie die Kaiser Augustus und Gallienus.

Ballarten 

In Ägypten waren durch den Sand erhalten gebliebene Bälle aus Leinen und wurden entweder mit Kleie oder geschlichteten Palmblättern gefüllt. Lederbälle bestanden aus zwölf um einen festen Kern gewickelte Bändern. Sie hatten einen Durchmesser zwischen drei und neun Zentimetern und waren damit für heutige Verhältnisse relativ klein. Bälle aus Ton und anderen harten Materialien waren hingegen nicht für das Spielen bestimmt, sondern dienten als Votivgaben an die Götter.

Spätestens in römischer Zeit bürgerten sich Namen für unterschiedliche Ballformen ein. Unter einem follis verstand man einen grossen, luftgefüllten Ball. Etwas kleiner, aber von selbiger Konstruktion, war es ein folliculus. Für die äussere Form kannte man übrigens bereits das Zusammennähen von sechseckigen Formen, ähnlich dem modernen Fussball.

links: 2 Bälle aus Pflanzenfasern und 3 aus hohler Fayance (c) Ägyptisches Museum, Turin
rechts: Ballspielszene, Columbariumfresko, 2.Jh.n.Chr.
(c) Museo Nazionale Romano, Rom

Ein mit Federn gefüllter Lederball mittlerer Grösse hiess paganica oder palla rustica; was man salopp als "Dorfball" übersetzen kann. Pila bzw. sphaira bezeichnete einen mit Rosshaar gefüllten Ball. Der trigon (auch pila trigonalis; vgl. das gleichnamige Spiel weiter unten) war ein kleiner, harter Ball. Der harpaston (vgl. ebenfalls das gleichnamige Spiel weiter unten) war von mittlerer Grösse.

Bälle bestanden - wie bereits erwähnt - hauptsächlich aus zusammengenähten Stoff- und Lederstücken. Beliebte Farben waren rot, grün und gülden. Zudem konnten geometrische Muster die Oberfläche verzieren. In ihrem Inneren dominierten Federn, Wolle und Rosshaar. Glasbälle dienten nur für Jonglierzwecke. Eine Inschrift besagt, dass ein gewisser Ursus 126 n.Chr. in Rom bei öffentlichen Spielen solche Glasbälle erstmals benutzte.

Spiel der Urania

Dies ist ein Spiel für zwei Personen. Der Ball musste dabei von einem der Spieler so hoch wie möglich in die Luft geworfen werden. Der andere Spieler musste ihn wieder fangen. Möglicherweise durfte er beim Fang nicht den Boden berühren; d.h. er musste ihn im Sprung ergreifen. Apollonius von Rhodos erwähnt dieses Ballspiel als jenes, das die Argonauten gespielt hätten. Der Lexikograph Pollux bezeichnet es konkreter als "Spiel der Urania". Modern könnte man es "Ball in die Luft" oder "Ball zu den Sternen" nennen.

Ludere datatim (Geschenker Ball)

Dies ist eines der einfachsten Ballspiele. Zwei Personen stehen sich in Abstand gegenüber und werfen sich die Bälle zu.

Geraubter Ball

Für dieses Ballspiel benötigt man zwei Mal zwei Personen. Wie bei Datatim ludere werfen sich zwei Spieler den Ball zu. Zwischen beiden stehen jedoch die beiden anderen Spieler und versuchen den Ball zu fangen. Gelang es ihnen, wurde höchstwahrscheinlich die Position gewechselt.

Aporrhaxis

Dieses Spiel konnte mit einem oder zwei Personen gespielt werden. Ein Spieler warf den Ball schräg zu Boden, um ihn möglichst oft aufspringen zu lassen. Der andere Spieler musste ihn mit der flachen Hand ebenso zurückspringen lassen. Spielte man gegen eine Mauer, brauchte man nur einen Spieler.

Episkyros

Episkyros war ein Mannschaftsspiel mit sichtbaren Grenzen. Bei ungerader Anzahl könnte eine Person als Schiedsrichter und Balleinwerfer dienen. Dementsprechend benötigte man zwei gleich starke Personengruppen. Mittels eines Steins zog man am Boden drei Linien (eine Mittellinie & jeweils weit entfernt davon zwei Grundlinien). Die Regeln sind nicht hundertprozentig gesichert, dürften aber wie folgt ausgesehen haben:

Zu Beginn wurde der Ball von einer der Grundlinien weit ins gegnerische Feld geschossen. Die Spieler mussten nun versuchen diesen Ball zu fangen. Gelang dies, so mussten alle Spieler auf ihren Positionen verharren und der Fänger wurde zum Zurückwerfer aus dem Stand. Ziel des Spiels war wohl eine laufende Spielerreduktion, d.h. immer wenn ein Ball nicht gefangen werden konnte (oder die Grundlinie passierte) musste ein Spieler das Feld verlassen.

Da das Spiel in Griechenland sehr weit verbreitet war, nannte man es auch Ephebike (Spiel der Knaben) oder schlichtweg Epikoinos (gewöhnlich). Die Spartaner bezeichneten es als Sphairomachia. Ein anderer Name scheint noch Harpaston gewesen zu sein. Doch könnte es sich dabei um eine Weiterentwicklung in römischer Zeit gehandelt haben.

Ludere raptim (grch. Harpaston)

Für dieses Mannschaftsspiel gibt es zwei Denkrichtungen. Die eine geht davon aus, dass es sich um das Spiel Phaininda handelt, das einfach nur den Namen gewechselt hat. Die andere erklärt es zu einem eigenen Spiel, das seinen Namen vom Ball oder umgekehrt hat.

Es gab zwei Spielfelder für die beiden Mannschaften und das Ziel war es, den Ball über über die Grundlinie des Gegners zu tragen. Auf dem Weg dorthin war scheinbar so ziemlich alles erlaubt, was einen Spieler daran hindern konnte sein Ziel zu erreichen. Die Ähnlichkeiten mit dem modernen Rugby sind nicht zu übersehen.

Phaininda

Der Name des Spiel leitet sich entweder von seinem Erfinder Phenidos, vom Verb phenakizein (täuschen, irreführen) oder auch beidem ab. Es scheinen ähnliche Regeln wie bei Raptim ludere gegolten zu haben. Näheres ist nicht bekannt.

Ludere expulsim

Dies ist wieder ein Spiel für zwei Personen. Modern liesse es sich mit dem frz. Jeu de paume oder im weiteren Sinne mit Tennis ohne Schläger und Netz vergleichen. Man spielte sich gegenseitig den Ball mittels Schlag der Handfläche zu.

Trigon

Das Spiel hatte seinen Namen nach der Zahl der Spieler: drei. Eine vierte Person zum Punktezählen und Balleinsammeln war zudem hilfreich. Man zog am Boden ein gleichseitiges Dreieck und die Personen standen an den Ecken. Sie durften sich dort während des Spiels auch nicht fortbewegen. Gespielt wurde Trigon mit mehreren Bällen (wohl drei). Jeder Spieler konnte sie den anderen zuwerfen; sodass man oft mehrere Bälle auf einmal fangen musste. Die Entscheidung wer wieviele Bälle bekam hing ausschliesslich vom Werfer ab, der gerade im Besitz der Bälle war.

Da dabei naturgemäss die Bälle immer wieder am Boden landeten, benutzte man in besseren Kreisen Sklaven um sie wieder einzusammeln. Trigon gehörte zu den beliebtesten Ballspielen während der römischen Kaiserzeit, was sogar durch banale Inschriften bezeugt ist. In Pompeji steht etwa auf der Basilika eingeritzt: "Amianthus, Epaphra und Tertius spielen mit Hedystus. Jucundus Nolans führt. Citus zählt. Der Sieg gehört Amianthus."

Sonstige Ballspiele

Ausser den genannten Ballspielen gab es noch zahlreiche andere, von denen wir weder die Namen noch die Regeln kennen und sich auch nur oberflächlich mit modernen Varianten decken. Zahlreich sind die Darstellungen auf Vasen, doch tut man sich mit dem Interpretieren der Abbildungen immer etwas schwer, da sie ja nur Standbilder wiedergeben.

Demnach scheint es Spiele ähnlich dem Volleyball (allerdings nur mit einem Spieler pro Seite) gegeben zu haben. Für ein anderes Spiel wurden menschliche Träger benutzt, die jeweils einen Fänger auf ihren Schultern hatten. Ein einzelner Spieler schoss den Paaren Bälle zu, die diese zu fangen hatten.

Hockeyspiel; Relief auf einer Statuenbasis; ca. 510 v.Chr.
(c) Nationalmuseum, Athen

Ballspiele mit Schlägern waren selten. Tennisschläger lassen sich allenfalls im 12.Jh.n.Chr. für die Byzantinische Epoche literarisch nachweisen (bei einem neuartigen; dem Polo ähnlichen Ballspiel), wohingegen einzig eine Art Hockey bereits in antiker Zeit gespielt wurde. Mittels an Enden gebogenen hölzernen Schlägern, die alsulegia genannt wurden, dürften je zwei Spieler um einen Ball gerungen haben. Ziel des Spiels war vermutlich das Einbringen des Ball hinter eine vorgegebene Linie.

Einrichtungen für Ballspiele

Mit Bällen konnte man überall spielen. Trotzdem gab es bereits eigene abgegrenzte Bezirke, wo die Menschen dieser Freizeitbeschäftigung nachgehen konnten. Die griechischen Gymnasien und römischen palaestrae hatte immer einen solchen Bereich. Im republikanischen Rom ertüchtigten sich die Jugendlichen auf dem Marsfeld auch mit Ballspielen. In Griechenland und später in den römischen Thermen spielte man im Sphairisterion, der Ballspielhalle. In grossen Landvillen bauten sich die Reichen ihre eigenen Sphairisterien.

Die Regeln der Ballspiele schienen Allgemeingut gewesen zu sein. Der Sieger eines Spiels wurde - wie in der Antike so oft - als "König" tituliert. Der Verlierer hingegen musste in aller Regel als "Esel" unter der Phrase "Esel, sitz!" vom Spielfeld gehen.

Ball auf hadrianischem Fussbodenmosaik in der Therme der Aqua Marcia zu Ostia

Huckepack-Ballspiel (zwei weitere Fänger-Paare sind rückseitig abgebildet)
6.Jh.v.Chr.

(c) Ashmolean Museum, Oxford


Quellen: Marco Fitta, "Spiele und Spielzeug in der Antike", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)